Grundschulen bleiben vorerst geschlossen

Anspruch auf Notbetreuung jetzt auch für Lehrkräfte

Stand 24.4.20

Wir möchten mit dieser Information unsere bisherigen Rundschreiben aktualisieren, ohne die bisherigen Informationen, zuletzt in den Infos von 19. und 22.4. zu wiederholen:

  1. Kein Unterrichtsbeginn an den Grundschulen am 27.4.
  2. Hygiene
  3. Gruppengrößen, Zahl der Wochenstunden, Ganztagsangebote
  4. Lehrkräfte mit Kindern
  5. Remonstration nach § 36 Beamtenstatusgesetz

1.) Kein Unterricht in den 4. Klassen

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat am 24.4. angeordnet, dass der Unterricht am 27.4. in den 4.Klassen der Grundschulen nicht wiederaufgenommen werden darf und die Grundschulen geschlossen bleiben. In der Presseerklärung des VGH ist  über die Begründung folgendes zu lesen:

„Die Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe würden im Vergleich zur überwiegenden Zahl der Schülerinnen und Schüler, denen aus Gründen des Infektionsschutzes der Schulbesuch bis zum 3. Mai 2020 gänzlich untersagt werde, ohne hinreichenden Grund ungleich behandelt und dadurch in ihrem Grundrecht aus Art 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung verletzt. So seien mit Ausnahme der Viertklässler sämtliche Schüler, die sich keiner Abschlussprüfung unterziehen müssten, von der Schulpflicht befreit und müssten sich somit keinem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen. Für diese Ungleichbehandlung bestehe kein sachlicher Grund.“

Die GEW-Landesvorsitzende Maike Wiedwald hat dazu folgende Erklärungen abgegeben:

 „Die GEW begrüßt diese vernunftgeleitete Entscheidung des Gerichtshofs. Die Rückmeldungen aus den Grundschulen haben auch uns gezeigt, dass es unter den gegebenen hygienischen Bedingungen und bei dem extrem kurzen Vorlauf in vielen Fällen sehr schwer sein wird, die Beschulung umzusetzen. Das Urteil zeigt auch, dass Kultusminister Lorz wohl besser bei seiner Ersteinschätzung geblieben wäre, es sei ‚epidemiologisch bedenklich‘, auch die Grundschulen schon jetzt zu öffnen. Die GEW spricht allen Kolleginnen und Kollegen und Schulleitungen ihre große Anerkennung aus, die in den letzten Tagen unter widrigen Bedingungen und oft auch gegen die eigene Überzeugung mit großer Kraft die Wiederaufnahme des Unterrichts in den 4. Klassen vorbereitet haben. Dabei mussten sie sich nicht nur mit mangelnden Vorbereitungen für die hygienische Ertüchtigung der Schulen auseinandersetzen, sondern teilweise auch den Druck des Kultusministeriums und der Schulämter aushalten, die sowohl bezüglich des Umfangs der Unterrichtsstunden als auch wegen der Gruppengrößen oder der Wiederaufnahme des Ganztagsbetriebs unverantwortliche Vorgaben machen wollten.“ 

Der Kultusminister erklärte, über die weiteren Schritte werde man nach der nächsten Beratung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am 30.4. entscheiden.

2.) Hygiene

Inzwischen liegt uns auch von Seiten des Schulträgers Main-Taunus eine Antwort auf die Presseerklärung der GEW zur „hygienischen Ertüchtigung der Schulen“ zur Vorbereitung auf die schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts vor. Landrat Cyriax erklärte wörtlich:

 „Im Einzelnen wurden während der Phase der Schulschließungen die für uns tätigen Reinigungsfirmen im bisherigen Umfang weiter tätig. Soweit möglich wurde die Grundreinigung an Schulen vorgezogen, die durch die Notbetreuung genutzten Räumlichkeiten werden besonders intensiv gereinigt. Auch wurden Bereiche, die im Rahmen der normalen Unterhaltsreinigung oft "zu kurz" kommen, aufgearbeitet. Die in Klassenräumen vorhandene Waschbecken wurden mit Seife und Handtuchpapier ausgestattet. Darüber hinaus haben wir die Vorgaben für Häufigkeit und Intensität der Schulreinigung mit dem Gesundheitsamt abgestimmt. Hier reinigen wir weiterhin nach unseren bisherigen Leistungsverzeichnissen und lassen zusätzlich täglich die Türklinken feucht wischen. Eine Notwendigkeit zur flächendeckenden Desinfektion gibt es ausdrücklich nicht (weder im Bereich der Reinigung noch im Bereich der Händedesinfektion). Entsprechend kann auch Ihr Hinweis zu den Verbrauchsmaterialien beantwortet werden. Reinigungsmittel besorgen immer die Reinigungsfirmen, Desinfektionsmittel benötigen die Schulen nur situationsabhängig bei Verschmutzungen mit Blut, Erbrochenem o.ä., daher ergibt sich keine Änderung zu den bisherigen Anforderungen.“

Zur Bereitstellung von Desinfektionsmitteln ist die Informationslage weiter widersprüchlich. Teilweise hieß es, dieses werde bereitgestellt oder gar nicht benötigt oder sei sogar für die Handdesinfektion bei Kindern unzulässig. Die Leiterin des Staatlichen Schulamts, das übrigens für Besucherinnen und Besucher weiter geschlossen ist, kündigte am 24.4. die Verteilung von „Notreserven“ an:

„Neben den bereits versandten detaillierten Informationen werden wir die Schulen in der kommenden Woche mit Masken und Desinfektionslösungen versorgen. Damit unterstützt das Land auch die Schulträger, die für die Ausstattung der Schulen verantwortlich sind und wie dargelegt, ebenfalls mit Hochdruck an einer guten Ausstattung der Schulen arbeiten. Mit dieser Versorgung sind die Schulen in der Lage, reagieren zu können, wenn der Bedarf bei Lehrkräften oder Schülerinnen und Schülern entsteht. Die Verteilung dieser Notreserve erfolgt über das Staatliche Schulamt. Im Laufe des Sonntags wird diese eintreffen und dann am Montag an die Schulen verteilt. Im Laufe des Wochenendes bzw. spätestens Montag früh werden Sie von mir informiert, wann Sie diese Ausrüstung im Amt abholen können. Da wir bei der Distribution auch die notwendigen Hygieneregeln einhalten müssen, bitte ich um Verständnis, dass wir Ihnen konkrete Zeitfenster zur Abholung vorgeben müssen.“

Für die Schulen in Rüsselsheim hat die GEW in einem Gespräch mit Bürgermeister Grieser als Schulträger und in einer detaillierten Presseerklärung auf weiterhin bestehende Missstände hingewiesen und dringend darum gebeten, die an den Grundschulen jetzt zur Verfügung stehende zusätzliche Zeit zu nutzen.

Wir fordern die Schulleitungen, Personalräte und Kollegien weiterhin auf, die Einhaltung dieser Mindeststandards zu prüfen und ggf. auch die Nutzung ungeeigneter Räume zu verweigern.

3.) Gruppengrößen und Zahl der Wochenstunden

In den letzten Tagen erreichten uns mehrere Berichte, dass Schulen, die kleinere Gruppen gebildet und mehr als eine hälftige Teilung vorgenommen haben und damit die vom HKM gewünschte Zahl von „in der Regel mindestens 20 Stunden“ mit dem verfügbaren Personal nicht erfüllen konnten, unter Druck gesetzt wurden, ihre Pläne zu ändern.

Wir verweisen noch einmal auf den Erlass des HKM vom 22.4., wonach die Empfehlungen des Robert- Koch-Instituts zur Hygiene Vorrang haben. Die Verantwortung dafür trägt die Schule. Deshalb schreibt das HKM zu Recht, dass je nach räumlicher Situation vor Ort auch kleinere Gruppen gebildet werden können bzw. müssen.“

Im Rüsselsheimer Echo vom 24.4. wird die Leiterin des Staatlichen Schulamts Rüsselsheim Frau Hedde mit den Worten zitiert, dass die 20 Wochenstunden „ein Richtwert“ sind, der „Ausnahmen zulasse“.

Schulleitungen waren in diesen Tag außerdem mit dem Druck konfrontiert, dass auch der Ganztagsbetrieb wieder hochgefahren werden müsse. Dazu verweisen wir noch einmal auf das Schreiben des HKM vom 22.4., wonach ab dem 27.4. „zunächst der schrittweise Wiederbeginn des Schul- und Unterrichtsbetriebs“ im Vordergrund steht und der Ganztags- und Betreuungsbereich  „im Wesentlichen (…) durch die Bereitstellung bzw. Verfügbarkeit vorhandenen Personals nach vorrangiger Abdeckung des Unterrichts“ bestimmt wird. Das ist auch deshalb richtig, weil Ganztags- und Betreuungsangebote den zeitlichen Rahmen für die Anwesenheit größerer Gruppen deutlich ausweiten und die Durchsetzung von Abstands- und  Hygienevorschriften (Mittagessen!) noch schwieriger wird.

 4.) Lehrkräfte mit Kindern

Die Lehrkräfte wurden mit einer Veränderung der Corona-Verordnung am 24.4. in die Liste der systemrelevanten Berufe aufgenommen. Wörtlich lautet die Ergänzung wie folgt:

 „Schulleitungen, Lehr- und Betreuungskräfte, die unmittelbar mit der Organisation und Durchführung des Unterrichts und von anderen schulischen Veranstaltungen nach § 3 Abs. 1 Satz 3 bis 5 befasst sind“

Wir wissen, dass dies auf Grund der tatsächlichen Verfügbarkeit von Plätzen in den Notbetreuungen nicht ausreichen wird und setzen deshalb wie bisher auch auf die „Kreativität und Solidarität vor Ort, Lehrkräfte, die eigene Kinder zu betreuen haben, weiterhin mit den Unterstützungsaufgaben für die Lehrkräfte im Präsenzunterricht zu betrauen, die sie von zu Hause aus erledigen können“. Das Schulamt hat angekündigt, solche Lösungen zu unterstützen.

5.) Remonstration

In unserem Newsletter vom 22.4. haben wir im Abschnitt „Was tun“ auf das Recht bzw. die Pflicht zur Remonstration bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Anweisungen hingewiesen. Dabei ist uns bei der Angabe der Rechtsquelle ein Fehler unterlaufen. Die Verpflichtung zur Remonstration ist in § 36 des Beamtenstatusgesetzes geregelt. Dieser hat folgenden Wortlaut:

§ 36 Beamtenstatusgesetz: Verantwortung für die Rechtmäßigkeit

(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.

(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.

(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführung der Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und die Entscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

Harald Freiling, GEW-Kreisverbände Groß-Gerau und Main-Taunus, Kreisrechtsberater

Download

Presseerklärung des VGH Kassel vom 24.4. 2020

Corona-Verordnung der Landesregierung in der vollständigen und aktuellen Fassung vom 24.4.2020

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