Mehr Geld für die Landesbeschäftigten

Informationen und Fragen zum Tarifabschluss 2019

Am 29. März haben sich GEW, ver.di und die anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mit dem Land Hessen in Dietzenbach auf höhere Einkommen für die rund 45.000 Tarifbeschäftigten des Landes geeinigt. Die Einkommen der Beschäftigten werden in drei Schritten erhöht. Zum 1. März 2019 steigen die Entgelte im Gesamtvolumen um 3,2 Prozent, zum 1. Februar 2020 um weitere 3,2 Prozent und zum 1. Januar 2021 um weitere 1,4 Prozent. Ab dem 1. Januar 2021 liegen die Entgelte damit durchschnittlich um 8 Prozent höher als im Februar 2019. Die Laufzeit der Regelung beträgt 33 Monate. Ab Oktober 2021 kann über die nächste Entgelterhöhung verhandelt werden.

Als soziale Komponente forderten die Gewerkschaften eine Mindesterhöhung um 200 Euro. Über die gesamte Laufzeit wird dieser Betrag erreicht. Die Tarifeinigung sieht für die drei Erhöhungstermine einen Mindestbetrag im Monat von 100 Euro zum 1.3.2019 vor, weitere 100 Euro zum 1.2.2020 und noch einmal 40 Euro zum 1.1.2021. Damit werden auch die niedrigen Einkommensgruppen am 1.1.2021 bei einer vollen Stelle mindestens 240 Euro mehr im Portemonnaie haben als heute.

Insgesamt acht Prozent mehr – allerdings erst in zwei Jahren

Die genannten prozentualen Erhöhungen beschreiben das Gesamtvolumen. Die Tabellenwerte in der Entgeltstufe 1 werden dabei überproportional erhöht und zwar um 4,5 Prozent zum 1.3.2019, um weitere 4,3 Prozent zum 1.2.2020 und um weitere 1,8 Prozent zum 1.1.2021. Da diese Steigerungen in das Gesamtvolumen eingerechnet werden, fallen die Steigerungen in den anderen Entgeltstufen gegebenenfalls etwas geringer aus (siehe Tabelle).

Einkommenserhöhungen ab 1. März 2019

für die tarifbeschäftigten Angestellten im Landesdienst

 

Gesamtvolumen

mindestens*

Mindestbetrag

Stufe 1

ab 1.3.2019

3,2 %

3,0 %

100 Euro

4,5 %

ab 1.2.2020

3,2 %

3,12 %

100 Euro

4,3 %

ab 1.1.2021

1,4 %

1,3 %

40 Euro

1,8 %

* Aus dem „Gesamtvolumen“ ergeben sich für die einzelnen Entgeltgruppen und -stufen unterschiedliche Erhöhungsbeträge. Der konkrete Rechenweg ist für den ersten Erhöhungsschritt, dass alle Werte der Stufen 2 bis 6 um mindestens 3,0 Prozent oder aber um mindestens 100 Euro erhöht werden, je nachdem was besser ist, im zweiten Schritt um 3,12 Prozent oder um 100 Euro und im dritten Schritt um 1,3 Prozent oder um 40 Euro.

Die Verhandlungen in Hessen waren zäh und schwierig, weil der Arbeitgeber zunächst die Forderung nach einem Mindestbetrag strikt ablehnte, um sich weiter von den bundesweiten Regelungen abzusetzen. Das dann doch erzielte Ergebnis entspricht in vollem Umfang dem Ergebnis der Verhandlungen im Bereich der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL), der alle Bundesländer mit Ausnahme Hessens angehören. Die Übernahme des Ergebnisses stärkt auch die Forderung der Gewerkschaften nach einer Rückkehr Hessens in die TdL. CDU und Grüne hatten in der neuen Koalitionsvereinbarung Gespräche mit der TdL angekündigt, „ob und wie das Land Hessen unter Beibehaltung der Vorteile des TVH in die TdL zurückkehren kann“.

Zu den positiven Elementen der Vereinbarung gehört die Weiterführung des Landestickets über das Jahr 2019 hinaus, ohne dass es durch Einbußen bei den Gehaltserhöhungen kompensiert wird.

Zur Ehrlichkeit gehört der Hinweis auf die Wermutstropfen der Tarifeinigung in den anderen Bundesländern, die mit der Übernahme auch in Hessen zu konstatieren sind:

  • Dass die Gewerkschaften auch in Hessen 6 Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr forderten und fast 8 Prozent bzw. 240 Euro erreichten, ist vor allem der langen Laufzeit des Tarifvertrags geschuldet, der die Einkommen bis zum Ende des Jahres 2021 regelt. Aussagen über die Teuerungsrate und die Wirtschaftsentwicklung sind für diesen Zeitraum nicht seriös zu treffen. Insbesondere die dritte Stufe der Erhöhungen, die nur noch 1,4 Prozent beträgt, dürfte mit einem Reallohnverlust verbunden sein.
  • Die Jahressonderzahlung, das frühere Weihnachtsgeld, wird für die Jahre 2019 bis 2022 auf dem Stand von 2018 eingefroren und nicht in die prozentuale Erhöhung einbezogen.
  • Die Verhandlungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Hochschulen, die vor allem von der GEW Hessen forciert wurden, sind an der Blockade des Arbeitgebers gescheitert. Das gilt sowohl für tarifvertragliche Regelungen zur Eindämmung des Befristungsunwesens als auch für die Forderung nach Aufnahme der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte an hessischen Hochschulen in den Geltungsbereich des TVH. Die GEW-Landesvorsitzende Maike Wiedwald bekräftigte die Absicht der GEW, dieses Thema auch nach der Tarifrunde politisch beackern: „Daueraufgaben müssen endlich mit Dauerstellen ausgestattet werden!“

Auf dem Weg zur Entgeltordnung für Lehrkräfte

Der GEW-Kreisverband Groß-Gerau hat sich im Vorfeld dafür stark gemacht, in der Tarifrunde auch die Frage einer tarifvertraglichen Regelung der Eingruppierung von Lehrerinnen und Lehrer in Hessen endlich anzugehen. Die Versammlung von Personalräten und Tarifbeschäftigten in Groß-Gerau forderte am 26. Februar „in Übereinstimmung mit dem Landesvorstand der GEW Hessen die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über einen Eingruppierungstarifvertrag für Lehrkräfte“. Weiter heißt es in der Resolution:

„Es ist insbesondere auf dem Hintergrund der Vereinbarungen im Bereich der anderen Bundesländer inakzeptabel, dass die Eingruppierung von Lehrkräften in Hessen weiterhin einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt wird. An unseren Schulen arbeiten Kolleginnen und Kollegen, die zum Teil seit vielen Jahren alle Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern im Unterricht und als Klassenlehrkraft sowie alle außerunterrichtlichen Aufgaben wie voll ausgebildete Lehrkräfte übernehmen und in den Entgeltgruppen EG 5 oder EG 6 30 bis 40 Prozent weniger verdienen. Das ist skandalös und muss endlich beendet werden.“

Die Lehrkräfte-Entgeltordnung (L-EGO) war nicht Gegenstand der Tarifverhandlungen am 28. und 29. März in Dietzenbach, allerdings war allen Beteiligten bewusst, dass die Verhandlungen über einen Tarifvertrag zur Eingruppierung der Lehrkräfte, wie er in den Bundesländern bereits gilt, jetzt auch in Hessen zügig beginnen und schnell zum Abschluss gebracht werden müssen.

Übertragung auf die Beamtinnen und Beamten

Anders als in den letzten Jahren akzeptierte die Landesregierung die Forderung der Gewerkschaften, die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten im Tarifvertrag zu regeln. Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte eine entsprechende Forderung bei den Tarifrunden 2015 und 2017 noch kategorisch abgelehnt. Das Protokoll über die Tarifeinigung 2019 enthält folgende Aussage:

„Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass die (…) vereinbarten Einkommensverbesserungen durch den Gesetzgeber auch auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zeitgleich und systemgerecht im Volumen von 3,2 Prozent (1. März 2019), 3,2 Prozent (1. Februar 2020) und 1,4 Prozent (1. Januar 2021) übertragen werden. (…) Die Hessische Landesregierung strebt dazu, vorbehaltlich der Rechte des Parlaments, ein Gesetzgebungsverfahren an, das die gesetzlichen Beteiligungsrechte wahrt.“

Die prozentualen Erhöhungen gelten auch für die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, die damit nicht unter die Festbetragsregelungen fallen. Details werden in einem Gesetz zur Änderung des Besoldungsgesetzes geregelt, das jetzt, so der Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen Michael Rudolph, „zügig, konsequent und ohne Abstriche“ auf den Weg gebracht werden muss:

„Die Sonderopfer der Beamtinnen und Beamten aus der vergangenen Legislatur sind nicht vergessen. Der Besoldungsreport des DGB sieht Hessen im Bundesländervergleich regelmäßig auf den hinteren Rängen, vor allem wenn man betrachtet, dass in Hessen länger als in vielen anderen Ländern gearbeitet wird. Hier sind Verbesserungen dringend notwendig.“

Schwierige Mobilisierung

Um die Kolleginnen und Kollegen über die Tarifrunde zu informieren und auf die Warnstreiks vorzubereiten, führten die GEW-Kreisverbände Groß-Gerau und Main-Taunus am 26.Februar zwei Informationsveranstaltungen in Groß-Gerau und Hofheim durch. Claudia Kuse, Mitglied der GEW-Tarifkommission und Lehrerin an der Pestalozzischule Raunheim, stellte bei der Versammlung in Groß-Gerau die Forderungen der Gewerkschaften vor. Die Forderung nach einer deutlichen Gehaltssteigerung sei aufgrund des Nachholbedarfs gegenüber den Beschäftigten in anderen Wirtschaftssektoren begründet. Hessen dürfe gerade bei Lehrerinnen und Lehrern nicht hinter den anderen Bundesländern zurückbleiben. Wörtlich sagte Kuse: „Dem eklatanten Mangel an ausgebildeten Lehrkräften vor allem an Grundschulen, Förderschulen und berufsbildenden Schulen kann nur wirksam begegnet werden, wenn die Einkommen der Beschäftigten in Hessen deutlich angehoben werden." GEW-Kreisvorsitzender Harald Freiling erneuerte die Forderung der GEW, die Tariferhöhung auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Nur so könne qualifizierter Nachwuchs in einem schwierigen beruflichen Umfeld gefunden und eine Abwanderung in andere Bundesländer verhindert werden.

Dabei gilt es für die GEW aber auch zu konstatieren, dass das Interesse der Beschäftigten an der Tarifrunde sehr begrenzt war. Das Angebot der GEW-Kreisvorstände, Beamte und Angestellte auf Personalversammlungen zu informieren, wurde kaum angenommen. Dass sich weniger als 300 von 2.000 hessischen Kollegien an der Unterschriftenaktion zur Unterstützung der gewerkschaftlichen Forderungen beteiligten, stimmt angesichts des geringen Aufwands nachdenklich. Ist es den Kolleginnen und Kollegen egal, ob ihre Einkommen erhöht werden oder nicht? Gingen sie davon aus, dass nach dem Tarifabschluss im Bereich der TdL auch für Hessen „der Käs gegessen“ ist? War die Aussage im neuen schwarz-grünen Koalitionsvertrag, dass CDU und Grüne die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten „anstreben“, ausreichend, um das Tarifdiktat von 2015 zu vergessen? Und ist die Tatsache, dass von den Gewerkschaften durchgesetzte Einkommensverbesserungen für alle Kolleginnen und Kollegen gelten, auch für die, die keinen Gewerkschaftsbeitrag bezahlen, gar kein Thema? Auch diese Fragen gilt es zu diskutieren, wenn wir uns ansonsten über den erfolgreichen Abschluss einer Tarifrunde freuen, in der GEW genauso wie in den Kollegien.

Harald Freiling, GEW-Kreisverband Groß-Gerau, Kreisvorsitzender

Weitere detaillierte Informationen zum Tarifabschluss findet man auf der Homepage der GEW Hessen www.gew-hessen.de. Dort und in der Mai-Ausgabe der HLZ findet man demnächst auch die neuen Gehaltstabellen für Angestellte im Landesdienst.