2. Runder Tisch zu den Schwerpunkten Elternarbeit und Prävention
Am Donnerstag, den 27. Februar fand im Landratsamt Groß-Gerau der 2. Runde Tisch zu Gewalt, Vandalismus und psychischen Problemen an Schulen statt, der von der entsprechenden AG unseres GEW-Kreisverbandes, in Zusammenarbeit mit Ingrid Reidt (Katholische Betriebsseelsorge Südhessen) und im Austausch mit den beteiligten Gruppen vorbereitet worden war. Wir berichteten bereits umfassend vom beeindruckenden Ergebnis des 1. Runden Tisches im Oktober des letzten Jahres.
Dank der logistischen Unterstützung des Kreises konnte die Veranstaltung im Landratsamt durchgeführt werden. Nach einem kurzen Rückblick wurden Elternarbeit und Prävention ins Zentrum der Diskussion gerückt, da hier praktisch alle beteiligten Gruppen einen Beitrag leisten können. Wir freuen uns insbesondere über die Teilnahme von Vetreter:innen der Kreisschülervertretung, mit denen der Kontakt im Vorfeld hergestellt werden konnte. Darüber hinaus nahmen u.a. zahlreiche Vertreter:innen des Kreises Groß-Gerau und der Stadt Rüsselsheim für die Schulträger, der Schulsozialarbeit und der Schulpsychologie, der Elternbeiräte des Kreises und der Stadt Rüsselsheim, Schulleiter:innen und Lehrer:innen teil.
Nach der Einführung durch Ingrid Reidt, die erfreulicherweise auch erneut die Moderation übernommen hatte, begrüßte Landrat Will die Anwesenden. Er sehe die Schule als Spiegel der Gesellschaft, beklage zunehmende Zerstörungen im öffentlichen Raum und betrachte die sozialen Medien als Beschleuniger. Er fragte: „Was können wir gegen Vandalismus, für Schulbauten und deren Erhaltung tun? Bessere und mehr Prävention sowie Zusammenarbeit mit Eltern und Schülerinnen und Schüler seien hierfür notwendig.“ Robert Hottinger ergänzte die Ausführungen aus Sicht des KV der GEW Groß-Gerau und leitete zu den Kurzvorträgen über.
Erziehung beginnt zu Hause – gute Arbeit gelingt nur, wenn Elternhaus und Schule konstruktiv zusammenarbeiten
Frau Dr. Anja Theobald von „elan“ (Eltern schulen aktive Eltern) informierte über diverse Angebote. Man biete mit 20 aktiven Mitarbeiter:innen Veranstaltungen von und für Eltern an und verstehe sich als Multiplikator für Elternanliegen und -themen. Die Arbeit finde im Auftrag des Kultusministeriums und Landeselternbeirates statt, wobei man schwerpunktmäßig die Zusammenarbeit von Eltern und Lehrkräften stärken und Eltern befähigen wolle, sich engagiert und aktiv in der Schule einzubringen.
Als Grundlage gab Frau Theobald hierfür die Hessische Verfassung (Art. 55) mit der klaren Aussage an: „Erziehung beginnt zu Hause“ – gute Arbeit gelingt nur, wenn Elternhaus und Schule konstruktiv zusammenarbeiten.“ Neben Rechten haben Eltern auch Pflichten, z.B. Werte zu vermitteln: Manieren, Höflichkeit, Respekt, Ehrlichkeit, Empathie, keine Gewalt und pfleglicher Umgang mit fremdem Eigentum.
Davon abgesehen finde Erziehung und Bildung im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung in der Schule statt (Art. 56), was aber nur mit Elternhaus und Schule gemeinsam gelingen könne. Dabei sei aber auch die Kenntnis der Mitbestimmungsrechte der Eltern nach dem Hessischen Schulgesetz (§101) wichtig. Es gebe ein Fortbildungsprogramm mit ca. 100 Veranstaltungen hessenweit, die über elan abrufbar seien und von sachkundigen Eltern aus unterschiedlichen Fachgebieten durchgeführt werden. „Die Zielgruppe sind wiederum Eltern schulpflichtiger Kinder, u.a. ansprechbar über Elternvertretungen.“, so Frau Theobald. Angeboten werden Fortbildungen, Seminare und Workshops, z.B. über Elternrechte und Elternpflichten, Elternmitwirkung an der Schule (in Gremien bzw. außerhalb von Gremien), Kommunikationstechniken, soziale und Erziehungsthemen sowie digitale Themen zum Wohle der Kinder. Als kostenfreie Abend- oder Tagesveranstaltungen, in Präsenz und auch online ist der Abruf über elan möglich (elan-hessen.de).
Prävention in der polizeilichen Jugendkoordination im Kreis Groß-Gerau
Leon Hannappel ist Polizeioberkommissar in der Polizeidirektion Groß-Gerau im Bereich Südhessen, in diesem Amt für die kommunale Prävention zuständig und Polizeilicher Jugendkoordinator. In seiner Tätigkeit verstehe er sich ebenfalls als Multiplikator und betreibe dabei Netzwerkarbeit. Zum besseren Verständnis stellte er zunächst die Organisation der Hessischen Polizei bzw. des Polizeipräsidiums Südhessen und - konkret auf die Prävention bezogen - folgende Aufgabengebiete vor:
Man unterstütze das Jugendkommissariat auf der Polizeistation und arbeite mit diesem zusammen. Darüber hinaus werden Kampagnen und die Umsetzung von Projekten unterstützt und die Schulbeauftragten koordiniert, z.B. mit Judith Schar und Christian Thomas in Rüsselsheim.
Beispiele für Angebote und Projekte:
Weitere Informationen zur polizeilichen Prävention findet man auch in GEW regional (Ausgabe Oktober 2024, S.8) bzw. auf der Homepage der GEW des KV Groß-Gerau: www.gew-gg-mtk.de
Im Anschluss an die beiden Kurzvorträge konnten sich die Teilnehmer:innen einem Thema zur Vertiefung zuordnen.
Bericht aus der AG „Elternarbeit“
Von nahezu allen Beteiligten wird deutlich gemacht und bedauert, dass elan viel zu unbekannt ist, obwohl es doch so interessante Angebote bereithält. Selbst wenn das Interesse groß ist, die Zeitkapazität der Lehrer:innen ist zu begrenzt, um noch stärker Elternarbeit zu initiieren. Frau Dr. Theobald weist darauf hin, dass hier besonders die Elternbeiräte gefordert sind. Verbreitung der Informationen müsste z.B. über die Kreis- bzw. Stadtelternbeiräte bis zu den Klassenelternbeiräten laufen. Diese könnten nicht nur bestehende Angebote ordern, sondern auch selbst Themen setzen, nach dem Motto: „Eltern sprechen Eltern an“. Dies böte den Vorteil eines Austausches auf Augenhöhe und wäre oft mit etwas weniger Widerstand verbunden als ein normaler Elternabend in der Schule. Niedrigschwellige d.h. kurzformatige Angebote sollten auch online möglich sein, zu klaren Fragen und Themen (z. B. Elternrechte u. a. Kernthemen, aber auch zu KI usw.), um mehr Interessenten zu erreichen. Man kann da zuhören und sich einbringen, wenn man es möchte, Lernen laufe über Feedback.
Elan besteht seit 20 Jahren, Verteiler seien die Schulämter, Schulelternbeiräte und Mundpropaganda. Es wird darüber diskutiert, ob es nicht klug sei, schon Elternbeiräte in den Kitas, vielleicht auch Jugendämter, also die Kommune einzubeziehen. Wünschenswert und sinnvoll sei das, aber eine Frage der Kapazitäten. Die Arbeit bei elan wird voll und ganz ehrenamtlich geleistet und bedarf eines nicht geringen Arbeitsaufwandes und Engagements. Referenten würden selbst ein Fortbildungsprogramm durchlaufen und seien neben der eigenen Berufstätigkeit unterwegs. Eine bessere Finanzierung und Unterstützung vom Land und den Kommunen wäre angebracht.
Im Sinne einer Nachhaltigkeit sei das Ziel, als Eltern selbst aktiv zu werden und sich einzubringen. Dazu möchte elan informieren und Wege zeigen: Impulse geben – Folgethemen aufnehmen – vertiefen. elan möchte anstoßen, unterstützt mit Referenten, auch technischem Support. Interessierte Eltern, die selbst etwas anzubieten hätten, z.B. aus dem IT-Bereich oder zu Gesundheitsthemen, könnten sich schulen lassen.
Der Kreiselternbeirat bietet z.B. jährlich zum Thema „Schulübergänge“ einen Informationsaustausch an. Verstärkt wird er auf seiner Hompage auf elan hinweisen.
Bericht aus der AG „Prävention“
Es besteht Einigkeit, dass Prävention auch in Form von Projekten und Fortbildungen Zeit und Ressourcen erfordert. Davon abgesehen sollte sie niedrigschwellig sein und bereits im Kindergarten und der Grundschule beginnen, vorhandene Projekte sollten Im Kreis bekannt gemacht werden und in einer Broschüre über Angebote informieren.
Als hilfreich wurde erachtet, wenn Präventionsthemen an den Schulen in Projektwochen aufgenommen, Erziehungsvereinbarungen geschlossen und Kommunikation zwischen Schulen und Eltern gefördert würden. Man müsste die Eltern sensibilisieren: Auf was müssen sich Eltern in der Schullaufbahn ihrer Kinder einstellen? Notwendig erscheint auch der Einsatz von Buslotsen, Streitschlichtern und Medienscouts und dass ältere Schüler:innen jüngeren helfen.
„Digital Native“: Aufklärung im Hinblick auf gesunden Umgang mit Medienkonsum, mit verschiedenen Apps ist wichtig und Eltern sollten auch an Digital-Native-Programmen teilnehmen können und zu Hause einen sicheren Medienzugang gewährleisten. Durch Coaching muss man stärkeren Fokus auf die Beziehungsarbeit legen.
Die Sensibilisierung für Gesundheit und Wohlbefinden der Schüler:innen und Lehrer:innen soll an den Schulen den nötigen Stellenwert erhalten.
Nach einer intensiven Austauschphase im Plenum wurden Vorstellungen und Ideen im Hinblick auf eine Fortsetzung des Veranstaltungsformats des KV der GEW Groß-Gerau als mögliche Themen gesammelt: Vandalismus, Inklusion, Gesundheit (psychisch und physisch) aller in Schule, Belastung und Umgang mit Leistung, Partizipation und Mitbestimmung von Schüler:innen. Für Rückfragen, Anregungen und weiteren Austausch stehen wir gerne zur Verfügung und der von uns angelegte und wachsende E-Mail-Verteiler dient der Vernetzung und dem Informationsaustausch und steht allen beteiligten Gruppen offen. Rückmeldungen an: r.hottinger@gew-gg-mtk.de
Karola Pruschke-Löw und Robert Hottinger