Innerhalb von drei Tagen waren in der Regionalzeitung Main-Spitze kürzlich folgende Nachrichten zu lesen:
„Land streicht finanzielle Reserven“ 7.4.
„Immer weniger Menschen starten
Lehramtsstudium“ 7.4.
„Immer mehr Schulen stehen ohne Leitung da“ 9.4.
Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen diesen längst bekannten Entwicklungen: dem gesunkenen Interesse am Lehramtsstudium, dem viel beklagten Lehrkräftemangel und dass an immer mehr Schulen Leitungskräfte fehlen. Dazu dann – sozusagen als „Krönung“ - die Ankündigung des Landes Hessen finanzielle Rücklagen der Schulen zu streichen. Ohne Gegensteuerung befindet sich die Bildungspolitik längst in einem skandalösen Abwärtstrend. Wie wenig man tatsächlich gewillt ist, etwas daran zu ändern – egal unter welcher Regierung – zeigt nun dieses Vorhaben: „Rund 20 Millionen Euro sind es, die den Schulen in Hessen an Rücklagen gestrichen werden sollen, wie das Kultusministerium diesen kürzlich in einem Schreiben mitgeteilt hat.“
Der Einwand, die Möglichkeit Rücklagen zu bilden habe von Anfang unter Vorbehalt gestanden und sei demzufolge bekannt gewesen, ist sicherlich richtig. Auch, dass vor allem die Schulen betroffen seien, die vor ca. 15 Jahren der Verlockung folgten, sich in eine „Selbstständige Schule“ zu verwandeln. Denn damit wurde erst möglich mit Hilfe eines „großen Schulbudgets“ Ressourcen zu bilden, für besondere Projekte oder auch längerfristige Vorhaben. Mancher glaubte möglicherweise auch an Sicherheiten für Notfälle? So wäre in einer Situation knapper Mittel, wie wir sie inzwischen in fast allen Kommunen vorfinden – siehe Rüsselsheim – vielleicht doch noch etwas umzusetzen gewesen, worauf man sonst hätte verzichten müssen. Die Nichtselbstständigen Schulen haben nämlich mit weniger Geld auszukommen, sie verfügen nur über das „kleine Schulbudget“. Es ist eingetreten, wovor Kritiker*innen - auch die GEW - immer gewarnt haben, und woran das ganze System krankt: gelockt wird mit einem „Markt der Möglichkeiten“, z. B. auch in Form von „Modellschulen“ oder „Modellprojekten“, jedenfalls wird nicht für eine flächendeckende, voraussetzungslose und vor allem ausreichende Grundsicherung des Bildungswesens gesorgt, nein, für vieles sind inzwischen Mittel langwierig zu beantragen. Man muss sich die „Extras“(?) sozusagen erst verdienen.
Die Landesregierung bricht mit ihrem Vorhaben „unverbrauchte Mittel“ zurückzufordern meines Erachtens ein zweifaches Versprechen: a) dass an den Schulen nicht gespart werden würde und b) dass Selbstständige Schulen über mehr und flexiblere finanzielle Mittel verfügen könnten.
Die Schulleiter*innen der Selbstständigen Schulen haben jährlich einen Haushaltsplan aufzustellen, der von der Schulkonferenz beschlossen werden muss. Sie bzw. ihre Stellvertretung und engagierte Kolleg*innen müssen für geplante Projekte entsprechende Konzepte schreiben und für die Umsetzung Sachmittel u. U. auch Personal usw. besorgen, was bekanntermaßen neben allen anderen (pädagogischen) Aufgaben eines großen Zeitaufwandes bedarf - Zeit, an der es sowieso in allen Ecken mangelt.
Was aber passiert an den Schulen, die nicht (mehr) über die notwendigen personellen Kapazitäten verfügen, weil sie z. B. ohne Schulleitungen auskommen müssen? „Wenn sie ihre Ressourcen nicht nutzen, müssen sie damit rechnen, dass dort gespart wird, wo Geld unangetastet liegen bleibt“, schreibt die Kommentatorin in eben jener oben zitierten Zeitung.
Dumm gelaufen – oder was?
von Karola Pruschke-Löw, Rüsselsheim, April 2025