fridays for future beim GEW-Bildungstag 2019

Der Stadtschülerrat leitete eine AG beim GEW-Bildungstag zum Thema "Fridays for future"

Ein ausführlicher Bericht von Bernhard Trillig

 

Schülerproteste gegen die Klimapolitik | Bericht aus der AG 2 beim GEW-Bildungstag

Die AG wurde geleitet von Niklas Fitzek, Schulsprecher der Immanuel-Kant-Schule Rüsselsheim, und Merve Baran von der Max-Planck-Schule Rüsselsheim. Beide sind im Stadtschülerrat und der Fridays-for-Future-Bewegung Rüsselsheim aktiv, an deren Gründung sie maßgeblich beteiligt waren. An der AG nahmen zwei Schülerinnen und acht Erwachsene teil.

Niklas und Merve gaben zunächst einen Überblick über die erstaun­liche Entwicklung der FfF-Bewegung - ausgehend vom ersten Sitzstreik von Greta Thunberg am 20.8.2018 vor dem Parlamentsgebäude in Stockholm. Ihre beharrlich fortgesetzten Aktionen stießen auf ein enormes Medieninteresse, besonders in Deutschland, wo die TAZ schon nach zwei Wochen darüber berichtete. Hier kam es im Dezember 2018 zur Gründung einer FfF-Bewegung. Die breite Resonanz auch in vielen anderen Ländern  führte zu einem ersten internationalen Protesttag im März 2019. In unserer Region (GG-MTK) gibt es lokale Aktions­gruppen bisher nur in Groß-Gerau und Rüsselsheim.

 

Merve erklärte, sie habe durch die Behandlung der Klimaproblematik im Unterricht und engagierte Lehrer wesentliche Anregungen erhalten, selbst politisch aktiv zu werden. Für Niklas ist die Gründung einer lokalen Aktionsgruppe in Rüsselsheim eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich mehr Schülerinnen und Schüler der Region beteiligen, da die Fahrten zu zentralen Demos in Frankfurt oder Darmstadt zu zeitaufwendig und teuer seien. Die Befürchtung schulischer Nachteile würde aber viele Schülerinnen und Schüler davon abhalten, freitags während der Unterrichtszeit zu demonstrieren. Merve glaubt, dass in der Schülerschaft die Angst vor der Obrigkeit zugenommen habe; daher sei es wichtig, dass man sich untereinander gegenseitig Mut mache. Die Fehlstunden würden in der Schule registriert. Einzelne Lehrer würden „Krankmeldungen“ akzeptieren, andere nicht. Niklas räumt ein, dass von manchen Schulleitern starker Druck ausgeübt werde, was aber auch damit zusammenhänge, dass das Kultusministerium die Schulleiter angewiesen habe, Schulstreiks nicht zuzulassen. Den Schul­leitern sei es jetzt untersagt, die Teilnahme von Lerngruppen an FfF-Aktionen als Unter­richts­veranstaltung zu genehmigen, wie dies noch im März 2019 in einzelnen Fällen geschehen sei. Merve berichtet, dass ihr Schulleiter der FfF-Bewegung durchaus wohlwollend gegenüberstehe, auch wenn er einräume, dass ihm nach den Äußerungen des Kultusministeriums  die Hände gebunden seien.

Nach Angabe eines AG-Teilnehmers hätten sich in Frankfurt bei den letzten Aktionstagen von ca. 100.000 Schülerinnen und Schülern etwa 500 bei den Schulstreiks beteiligt. Wenn man die etwa 27.000 Grundschüler außen vor lässt, seien also nur etwa 0,7% der Schülerschaft (ab Sek. 1) dem Unterricht ferngeblieben. Um zu einer größeren Beteiligung und auch einer stärkeren Einbeziehung von Erwachsenen zu kommen, schlug er vor, statt immer nur freitags wenigstens einmal im Jahr überregional Protestaktionen an einem Samstag zu organisieren. Streikerfahrene GEW-Kollegen hielten dagegen, dass zumindest bei den Lehrern die Mobilisierung zu solchen Protestaktionen meistens noch schwieriger gewesen sei als zu Streiks während der Unterrichtszeit. Natürlich gab es aber auch schon samstags Demonstrationen mit großer Beteiligung, z.B. gegen die Flughafenerweiterung.

Auf die Frage der Teamer, wie die anwesenden Lehrkräfte die Verhaltensweisen ihrer Schüler im Zusammenhang mit FfF einschätzen, erklärt ein Kollege vom Gymnasium Gernsheim, dass es dort bisher keine Unterstützung der FfF-Bewegung gebe, obwohl von Seiten der Schulleitung – außer bei Klausurterminen – kaum mit Sanktionen für ein Fernbleiben vom Unterricht gedroht wurde. Er vermutet, dass Schüler zusätzliche Impulse brauchen, um sich bei einem Streik zu beteiligen. Ein Kollege habe seine 8. Klasse ermuntert, am überregionalen Aktionstag 20.9. 2019 angesichts der globalen Bedrohung durch den Klimawandel auf die Straße zu gehen – ohne Erfolg. Ein Kollege gab allerdings zu bedenken, dass es der FfF-Bewegung schaden könnte, wenn Lehrkräfte sich zu sehr einmischen. Würde die Beteiligung an einer Demo während der Unterrichtszeit keine Regelverletzung mehr darstellen, könnte dies ihre Wirkung schwächen.

Nach einer kurzen Darstellung der zentralen Ziele der FfF-Bewegung - insbesondere Rückführung der CO2-Emissionen, die wesentlich durch die Einführung einer Treib­hausgas-Emissionssteuer bewirkt werden soll – erläuterten Niklas und Merve, welche Anteile die verschiedenen Bereiche an den CO2-Emissionen haben: Hauptverursacher sei die Energiewirtschaft (46%) gefolgt vom Verkehr (22%) (Stand: Jan. 2016). Außerdem gaben sie u.a. einen Überblick über den Stand der Energiewende in Deutschland.

Abschließend stellte die AG konkrete klimapolitische Forderungen zusammen, die der Stadtschülerrat am Jugendforum am 19.11.2019 an die Stadt Rüsselsheim stellen könnte. Nachdem in Rüsselsheim als einer der ersten Städte in Deutschland der „Klimanotstand“ ausgerufen wurde, muss die Stadt bei jedem Projekt die Auswirkungen auf das Klima darlegen.

  • Die Regulierbarkeit der Heizungen in den Schulen sollte verbessert werden; bei einer Sanierung sollte eine klimafreundliche Heizung eingebaut werden.
  • Die Fahrradwege sollen ausgebaut werden.
  • Es sollten mehr Schulbusse eingesetzt werden.
  • Der Hol- und Bringverkehr zur Schule durch die Eltern soll eingeschränkt werden.
  • Die Hausmeister sollen durch Fortbildungen in die Lage versetzt werden, die Schulen klima­freundlicher zu warten.
  • Die Technoparty, die von der Stadt gefördert wird, soll außerhalb eines Naturschutzgebiets stattfinden. Diese Forderung des BUND dürfte vermutlich im Stadtschülerrat Kontroversen auslösen.

Die Schülervertretungen sollten sich dafür einsetzen, dass die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in jedem Schulcurriculum verankert wird. Bei schon bestehenden Konzepten für ökologische Bildung sollte die Schule verpflichtet werden, ihre Umsetzungen  zu überprüfen. Die SV sollte verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch machen, durch ihre Vertreterinnen und Vertreter in den Fach- und Gesamtkonferenzen klimapolitische Forderungen vorzutragen. Die SV könnte auch im Schulelternbeirat über solche Forderungen informieren.

Ein Aktionsvorschlag: Der Stadtschülerrat könnte eine öffentliche Stadtschülerversammlung auf dem Marktplatz einberufen, dazu auch den Bürgermeister einladen und dort ihre klimapolitischen Forderungen vortragen.

Interessierte Eltern in Rüsselsheim könnten eine lokale Aktionsgruppe „Parents-for-Future“ gründen und dadurch die FfF-Bewegung unterstützen.

In vielen Orten, z.B. auch in Mainz und Wiesbaden, gibt es Gruppen von „Scientists-for-Furure“, in denen nicht nur Wissenschaftler sondern u.a. auch Lehrer aktiv sind. Sie sind bereit, Informationen zu Fragen des Klima- und Umweltschutzes allgemeinverständlich zu erklären und können z.B. auch zu Schulveranstaltungen eingeladen werden.

Kontaktadressen der Fridays-for-Future-Bewegung in Rüsselsheim:

E-Mail: fridaysforfutureruesselsheim@gmail.com

Instagram: fridaysforfutureruesselsheim

Ortsgruppe Rüsselsheim auf Whatsapp.

 

Bericht: Bernhard Trillig